Warum ist der Wandel so anstrengend? Alles geschieht im Krisenmodus, und danach arbeiten alle wie gewohnt weiter. Es muss nicht immer so anstrengend sein. Was können wir tun, um die Organisation nachhaltig zu verändern? Unter kontinuierlicher Selbsterneuerung verstehe ich einen Wandel, der nicht durch einen akuten Handlungsdruck aus dem Umfeld des Unternehmens ausgelöst wird. Vielmehr wird kontinuierliche Veränderung in die Organisationsprozesse integriert. Dies steht im Widerspruch zu den „klassischen“ Konzepten, die davon ausgehen, dass tiefgreifende Veränderungsprozesse nur dann erfolgreich sein können, wenn ein Handlungsdruck besteht. Charakteristisch für diese Variante ist ferner, dass Veränderungsimpulse nicht nur vom Management, sondern auch von den Mitarbeitenden gesetzt werden.
In den letzten Wochen habe ich mich vertieft mit diesem Thema auseinandergesetzt. Meine 5 Prinzipien zur kontinuierlichen Selbsterneuerung von Organisationen basieren auf meinen Erfahrungen im Change Management und auf den Texten von John P. Kotter [1] und Dr. Hans-Joachim Gergs [2].
Prinzip 1: Selbstreflexion stärken
Dr. Hans-Joachim Gergs hat das erste Prinzip wie folgt definiert: «Selbsterneuerung fängt mit der Fähigkeit zur Selbstreflexion an. Reflexion, lateinisch „reflectio“, heisst zurückbeugen und meint das prüfende Nachdenken, insbesondere über die eigenen Gedanken, Handlungen und Erfahrungen.» [2] Erneuerungsfähige Unternehmen stellen sich der Veränderung und hinterfragen stets das Bestehende. Sie betrachten die Zukunft mit all ihren Möglichkeiten als grosse Chance. Der Fokus liegt nicht auf der Optimierung des Bestehenden, sondern zielt auf das grundlegende Hinterfragen und Erneuern des Geschäftsmodells oder der Kultur eines Unternehmens.
Tipps: «Erneuerungsfähige Unternehmen ermöglichen Führungskräften und Mitarbeitern regelmäßig Auszeiten vom Alltagsgeschehen (in Form von Workshops, Coachings und Trainings), um zu reflektieren, wo das Unternehmen steht und was die Zukunft bringt.» [2] Gönnen Sie sich jedes Quartal einen „Denk-Tag“.
"Topmanager verwenden im Schnitt weniger als drei Prozent ihrer gesamten Zeit darauf, ein Bild von der Zukunft zu entwerfen"
Gary Hamel
Prinzip 2: Kommunikation und Vernetzung intensivieren
Vernetzung intensivieren, eine Führungskoalition aufbauen und weiterentwickeln. Ihre Mitglieder sind Menschen aus allen Ebenen. Gergs2 empfiehlt in diesem Prinzip: Das Management sollte unterschiedliches Know-how im Unternehmen immer wieder neu mischen, bereichsübergreifende Teams aufstellen oder die Beschäftigten in Großgruppenkonferenzen vernetzen. Ziel ist es, dass viel Mitarbeitenden die Veränderung des Unternehmens mitgestalten können.
Tipps: Schaffen Sie interne und externe Kommunikationsplattformen wie Social Community, World-Café, und Zukunftswerkstatt, um sich austauschen zu können. Oder Gelegenheiten, wo sich die Menschen begegnen und gemeinsam arbeiten können. In der Regel sind dies: Transferteam-Meetings, Informationsanlässe, Teamworkshops und Change-Agent-Plattformen.
"Es sind nicht die Stärksten der Spezies, die überleben, noch die Intelligentesten. Es ist diejenige, die am anpassungsfähigsten auf Veränderungen reagiert."
Charles Darwin
Prinzip 3: Leadership statt nur Management
Leadership sorgt für die notwendigen Veränderungen, um unvorhersehbare Gelegenheiten zu nutzen, ernste Gefahren zu umgehen sowie neue Strategien zu entwickeln und umzusetzen. Leaderinnen und Leader arbeiten mit den Betroffenen. Sie machen sie zu den Beteiligten der Zukunft. Ebenso wollen die meisten Menschen an der Gestaltung der Zukunft mitwirken können. Das kann nur über Gespräche und über Beziehung erfolgen. Wer den Mitarbeitenden zuhört, holt das Beste aus ihnen raus..
Tipps: Befreien Sie sich von Routinen. Experimentieren Sie mit aussergewöhnlichen Dingen. Etablieren Sie eine Fehlerkultur. Ziehen Sie ein agiles, adaptives Vorgehen einer starren und fixen Planung vor. Führen Sie Veränderungen in kleinen Schritten durch. Entwickeln Sie eine lebendige Lernkultur.
"Die Zukunft hat viele Namen. Für Schlaue ist sie das Unerreichbare, für Furchtsame das Unbekannte, für Mutige die Chance."
Victor Hugo
Prinzip 4: Menschen an erster Stelle
Die meisten Menschen werden Sie nicht unterstützen, wenn Sie mit Zahlen und Business-Cases nur an die Logik appellieren. Der Antrieb kommt aus dem Herzen und dem Kopf, nicht nur aus dem Kopf. Wenn Sie die Voraussetzungen schaffen können, um den Anstrengungen Ihrer Mitarbeitenden einen grösseren Sinn und Zweck zu verleihen, sind unglaubliche Dinge möglich. Um die Herzen und die Gedanken der Menschen zu erreichen, müssen Sie alle einbeziehen. Um wirklich innovativ zu sein, brauchen Sie mehr Menschen mit unterschiedlichen Perspektiven und guten Arbeitsbeziehungen.
Tipps: Sprechen Sie die Gefühle der Menschen an. Arbeiten Sie an einer Kultur offener Debatten und Vorschläge. Sehen Sie es alsInvestition für die Zukunft, wenn Sie Leadership und Talente entwickeln. Befähigen Sie die Mitarbeitenden, die notwendigen Fertigkeiten zu lernen, die sie benötigen, um während des Wandels und darüber hinaus erfolgreich zu sein. So fühlen sich die Mitarbeitenden nicht von der Veränderung überwältigt, sondern befähigt in ihren neuen Rollen.
"Ohne Emotionen kann man Dunkelheit nicht in Licht und Apathie nicht in Bewegung verwandeln."
Carl Gustav Jung
Prinzip 5: Umgang mit der Geschwindigkeit
Um eine Organisation spürbar zu beschleunigen, benötigt man viele Change-Agents, welche die Veränderungen vorantreiben. Dies sollten nicht die üblichen Auserwählten sein, sondern auch freiwillige Helferinnen und Helfer, die nicht müssen, sondern wollen. Soll eine Organisation agiler handeln können, muss die Anzahl der Change-Agents erheblich erhöht werden. Wenn Sie richtig Gas geben wollen, brauchen Sie mehr Augen zum Sehen, mehr Gehirne zum Denken und mehr Arme zum Handeln.
Tipps: Erzielen Sie kurzfristige Erfolge und feiern Sie diese mit dem Team. Machen Sie Erfolge im Unternehmen sichtbar. Bauen Sie Barrieren ab, die wichtige Aktivitäten ausbremsen oder zum Stillstand bringen. Geben Sie gemeinsam und kontinuierlich Gas, um den Wandel zu etablieren.
"Die Menschheit ist zu weit vorwärts gegangen, um sich zurückzuwenden und bewegt sich zu rasch, um anzuhalten."
Winston Churchill
Mehr Infos zu Thema Change-Management finden Sie auf meiner Website: https://www.gerber-partner.ch/changemanagement. Oder Sie nehmen direkt mit mir Kontakt auf: +41 (0)79 431 96 71, ueli.gerber@gerber-partner.ch.
[1] John P. Kotter. Accelerate. Strategischen Herausforderungen schnell, agil und kreativ begegnen. Verlag Franz Vahlen München. 2015. [2] Dr. Hans-Joachim Gergs: 6 Prinzipien für kontinuierliche Selbsterneuerung
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